Im Süden des zentralen Platzes von Ialysos auf der Insel Rhodos befindet sich ein kleiner, aber bezaubernder Sakralbau — die Kirche der Dormition (Entschlafung) der Theotokos. Diese Pfarreikirche steht allen Besuchern offen. Besonders in der Abenddämmerung, wenn Mondlicht die Szenerie erhellt und kleine Lichter die Anlage illuminieren, entfaltet der Tempel und sein Glockenturm eine einzigartige Atmosphäre.
Rhodos, wie auch die restliche orthodoxe Welt, ist reich an Kirchen, die der Jungfrau Maria gewidmet sind. Die Kirche der Dormition der Theotokos ist ein solches Gotteshaus. Errichtet wurde sie zu Ehren der Heiligen, auch wenn es keine Überlieferungen von Marienerscheinungen an diesem Ort gibt.
Die Kirche, die im Jahr 1756 errichtet wurde, präsentiert sich als eingeschossige Basilika mit Kreuzgrundriss im Dodekanesischen Stil, komplett mit Vorhalle und Frauenbereich. Diese Bauweise war für Heiligtümer auf Rhodos im 18. und 19. Jahrhundert charakteristisch. Die einzelnen Bauteile der Kirche wurden schrittweise fertiggestellt, was sich in den architektonischen und morphologischen Merkmalen widerspiegelt. Diese Entwicklung wird ebenfalls durch Einträge im Kirchenregister bestätigt. Besucher werden wahrscheinlich kleinere Unterschiede in der Innen- und Außengestaltung bemerken, so wie die stilistischen Differenzen zwischen dem Hauptgebäude und dem Glockenturm.
Die Erweiterung der Kirche durch einen Narthex mit Frauenräumen fand wahrscheinlich zwischen 1857 und 1860 statt, also fast hundert Jahre nach der Grundsteinlegung. Erst im Zeitraum 1902–1903 kam die Errichtung des Bogens und des Haupteingangs auf der Nordseite hinzu. Die fünfstöckige, pyramidenförmige Glockenturmkonstruktion wurde später, im Jahr 1939, fertiggestellt. Im darauf folgenden Jahr, 1940, wurde mit der Verlegung des Marmorbodens begonnen, was das Innere des Gebäudes zum Mittelpunkt der Hauptkirche machte. Die Wandmalereien, die das Heiligtum zieren, entstanden allerdings erst zu Beginn des Jahres 2009 im Zuge von Renovierungsarbeiten.
Der Bau der Kirche in einem kleinen Dorf zog sich über Jahre hinweg. Dies lag daran, dass die Dorfbewohner und Menschen aus der Umgebung das Projekt eigenhändig vorantrieben. Finanzielle Mittel wurden nach und nach durch Spenden zusammengetragen, und die Arbeiten am Gebäude schritten nur voran, wenn ausreichend Geld vorhanden war. In der griechischen Kultur herrscht zudem die Überzeugung, dass es besser ist, ein kleines Gotteshaus langsam zu errichten, als gar keines zu besitzen.
Im Tempel steht ein kunstvoller Ikonostase, verziert mit Gold und teilweiser Malerei, der als eines der prachtvollsten Beispiele des osmanischen Barock im Dodekanes gilt. Dieses Kunstwerk wurde in zwei Bauphasen vollendet. Die Erbauung der unteren und mittleren Teile begann im Jahr 1782 unter der Leitung von Meister Taliadouros aus Kos. Die Gestaltung des oberen Bereichs inklusive des Kreuzes folgte vermutlich im Jahr 1810. Der Ikonostase entstand somit deutlich früher als einige andere Elemente des Gebäudes.
Die Kirche beherbergt auf beiden Seiten des Ikonostases zwei wertvolle Ikonen: Zum einen die zypriotische Ikone des Gebets aus dem Jahr 1514 und zum anderen die wundertätige Ikone der Gottesmutter der Barmherzigkeit, der Schutzpatronin des Heiligtums, gemalt von Ioannis Anagnostos aus Pisidien. Im Vorraum des Tempels sind zwei weitere einzigartige Darstellungen zu finden: Eine versilberte Ikone des Dormitio der Heiligen Jungfrau Maria aus dem Jahr 1965 und eine Ikone des Brigadegenerals Michael, die auf das Jahr 1890 zurückgeht.
Im Vergleich zur Ikonostase, die durch ihre Holzschnitzereien besticht, sticht der Thron durch seine Einlegearbeiten aus Elfenbein und Marmor hervor. Dieses Kunstwerk ist das Schaffen von Theodoros Stergi und wurde im Jahr 1789 vollendet.
Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts zierte die Ikone aus dem Jahr 1514 den Ikonostasen der Dormitio-Kirche, wo sie traditionell das Bild des Pantokrator ersetzte. Ihr war im Jahr 1740 eine silberne Riza hinzugefügt worden, welche die Gesichter der Heiligen und Teile der goldenen Fläche frei ließ. Auf dem Bildnis hält Christus in seiner rechten Hand den Segen, während in seiner Linken ein nicht alltäglicher Ausschnitt aus dem Johannesevangelium zu sehen ist. Zu seinen Füßen befindet sich ein Paar treuer Anhänger.
In der Pfarrkirche der Dormition der Heiligen Maria wird ein bedeutendes Relikt aufbewahrt, das unter dem Namen «Epitaphios Threnos» bekannt ist. Dieses Werk ist eine Nachbildung eines älteren, kleineren Bildes aus dem 15. Jahrhundert, das sich in der nahegelegenen Kirche des Heiligen Nikolaus befindet. Es repräsentiert ein herausragendes Beispiel kirchlicher Kunst vor der osmanischen Eroberung der Insel Rhodos. Die Ikonografie demonstriert auf beeindruckende Weise die Verschmelzung verschiedener Techniken, Hintergründe und Dimensionen in einem harmonischen Gesamtwerk.
Der Tempel befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Flughafen von Rhodos, nur 5 Kilometer entfernt. Von der Hauptstadt aus ist die Anfahrt mit dem Bus am einfachsten und dauert etwa eine Viertelstunde. In der Stadt angekommen, sollten Sie sich in Richtung des zentralen Platzes begeben. Dort können Sie sich nach der Kirche erkundigen, falls Sie nicht schon von weitem das Läuten der Glocken vernommen haben, das Sie zu ihr führt.